Der Gipfel der Vortragsreihe: Die Benefiz-Auktion des Gemäldes von Gara Rasul
Die Benefiz-Auktion fand am 21.02.2017 gegen 21 Uhr im FORUM Volkshochschule im Kulturquartier am Neumarkt (Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln) statt und begann im Anschluss an den letzten Vortrag der Vortragreihe “Die Figur des Geflüchteten - Perspektiven des nicht-dokumentarischen Theaters am Beispiel von Ruhrorter” von Dr. Jonas Tinius (Humboldt-Universität zu Berlin) und Alexander Weinstock (Universität zu Köln).
Das Gemälde wurde zu einem Preis von 210 € ersteigert.
Der gesammelte Erlös aus der Auktion und weiteren, während der Vortragsreihe eingegangenen Spenden beträgt rund 1000€. Dieses Geld wird komplett in kreative Kurse mit Geflüchteten und Studierenden fließen.
Der Künstler Gara Rasul
Gara Rasuls Motive kreisen immer um Orte der Erinnerung. Die damit verbundenen Gefühle fängt er mit der Wahl der Farbpalette sowie klaren oder auch verschwommenen Pinselstrichen ein. Dabei malt er in seinem Atelier nicht wie oft üblich mit einer Staffelei, sondern seine Bilder entstehen direkt auf dem Boden. Die Motive können sich dabei wiederholen, fangen aber immer wieder eine andere Stimmung ein und zeigen so wie sich Erinnerungen im Laufe der Zeit verändern können; damit letztlich auch die Variation von Identitäten des Erinnernden. So sehen wir hier -“möglicherweise” betont Gara selbst- die Zitadelle seines Heimatdorfes im Irak oder eben die Fassade eines der längst verlorenen Häuser dort.
Die Vortragenden
Jonas Tinius und Alexander Weinstock werden am 21.02. vor der Auktion einen spannenden Einblick in das kollaborative Theater- und Kunstprojekt RUHRORTER mit Geflüchteten aus dem Ruhrgebiet geben. Im Zentrum dieses Projektes des Theater an der Ruhr steht “die Suche nach neuen ästhetischen Formen, um mit den Mitteln der Kunst und der forschenden Dokumentation ein öffentlich sichtbares und erfahrbares Korrektiv gegen die stereotype Kategorisierung und Ausgrenzung von Flüchtlingen und Asylsuchenden - sowohl in der Bürgergesellschaft, als auch in den Medien und der dokumentarischen Kunst - zu entwerfen.” Damit bildet RUHRORTER ein starkes Vorbild für die von Weitblick Köln e.V. geplanten kreativen Kurse mit Geflüchteten, die aus dem Projekt “Die Sprache der Bilder. Flucht in Kunst und Medien” hervorgehen werden.
Weitere Infos zu Ruhrorter findet Ihr hier: http://www.ruhrorter.com/
Das Gemälde
Gara Rasuls Gemälde „ohne Titel“ aus der Serie „Menschenbild in Blau“ bildet den Ausgangspunkt des Projekts „Die Sprache der Bilder. Flucht in Kunst und Medien“. Dahinter verbirgt sich nicht nur eine großzügige Geste des Künstlers, ein Bild für den guten Zweck freizugeben, sondern auch seine ganz persönliche Geschichte.
Zu sehen ist eine menschliche Gestalt, die sich nur schematisch vom monochrom blauen Hintergrund abhebt. Vor ihr ist ebenso verschwommen ein Glas Tee und ein Buch mit arabischer Aufschrift „Die Seele meiner Mutter“ zu erkennen. Dadurch eröffnen sich mehrere Interpretationsebenen:
Die Person erscheint gewissermaßen als Störelement des sonst so einheitlichen gefassten Innenraumes. Sie vermag sich nicht gänzlich in diesem zu verlieren. Auch die Verschleierung des Gesichts lässt sich sowohl auf eine verborgene Identität, gleichermaßen aber auch auf eine gewisse Zurückhaltung beziehen. Letztlich stellt sich die Frage, wodurch wird dieser Mensch nur zur Hälfte sichtbar? Liegt es an seiner oder unserer Haltung? Das Gemälde erschließt so einen Zwischenraum, der zwischen den Kulturen verhandelt und den Blick des Betrachters herausfordert hinter die Fassade zu schauen.
Gara malte dieses Bild nach seiner Ankunft in Köln in den 1990er Jahren. Damals verbrachte er viel Zeit in Cafés in der Innenstadt. Um dieses Motiv entstand eine ganze Serie, die den Menschen mal mit klaren Gesichtszügen, mal schemenhaft zeigt. Damit thematisiert das Gemälde nicht nur Formen der Selbst- und Fremdwahrnehmung in einer unbekannten Stadt, sondern auch der entfernten Heimat.