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Ein lebendiger Vortrag‚Über den Dächern von München, irgendwo zwischen Afrika und Deutschland‘
‚Warum die Entwicklungshilfe in Afrika gescheitert ist‘ lautete der Titel des Vortrags von Kurt Gerhardt, den Weitblick München organisierte. Ca. 80 Interessierte hörten und diskutierten die Thesen des ehemaligen Landesbeauftragten des Deutschen Entwicklungsdienstes am Dienstag, den 26. Juni 2012 im Vorhoelzer Forum.
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Full House! Das Thema stieß auf reges Interesse!Was bringt eine große Menge von Menschen dazu, an einem schönen Sommerabend in das fünfte Stockwerk eines Unigebäudes zu steigen, um dort dicht gedrängt vor der luftigen Kulisse eines malerischen Panoramas der Münchner Dächer und Wipfel – auf die der Blick der Menschen durch die großen Fenster des weißen Raumes unweigerlich fallen, ja, von diesen er sich geradezu angezogen fühlen musst – einem Vortrag zu lauschen, dessen Schauplatz nicht im sommerlichen Deutschland zu liegen schien, als vielmehr in der Hitze des afrikanischen Niger? Vermutlich war es gerade dieser Kontrast, der die Zuhörer fesselte und ihren Impuls bändigte, auf die Terrasse zu steigen, um womöglich ein kühles Bier aus der nachbarschaftlichen Bar und den großartigen Ausblick auf die Stadt zu genießen: Sie befanden sich über den Dächern Münchens und doch hörten sie Geschichten aus dem fernen Afrika, in dem deutsche Entwicklungshelfer versuchen ihre Arbeit zu leisten – an die 100 Menschen fanden sich auf einmal zwischen Deutschland und Afrika wieder.
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Aufmerksame ZuhörerIn diesem Sinne war wohl das Vorhoelzer Forum der TU München der ideale Ort, um an diesem Dienstagabend im Juni über Entwicklungspolitik zu sprechen. Was ist Entwicklung und ist sie möglicherweise in Afrika über 50 Jahre hinweg gescheitert? Kurt Gerhardt eröffnete den vielen Zuhörern Einblicke in seine Erfahrungen als Landesbeauftragter des DED im Niger. Der ehemalige Journalist (WDR) provozierte die Versammlung durch seine Überzeugung, dass die Entwicklungspolitik in Afrika sich katastrophal auf die Lebenswelten ihrer Empfänger ausgewirkt habe: „Entwicklung ist, was man selber macht“ – Dieses Credo vermisse Kurt Gerhardt in den Überlegungen Deutschlands, der Afrikaner und der Welt, wenn es um Entwicklungspolitik ginge. In seinem einstündigen Vortrag vertrat er seine Befürchtung vor den Zuhörern und zeichnete dabei etliche Bilder aus dem täglichen Leben der Menschen im Niger – Bilder ihrer Probleme mit Korruption, Nachlässigkeit und schließlich auch der Entmündigung durch die Spendenpraxis der Entwicklungshilfe. Kurt Gerhardt forderte zum Umdenken auf und verwies auf die Forderungen des so genannten “Bonner Aufrufs” gegenüber der Entwicklungspolitik, welchen er mit initiiert hatte.
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Es folgten noch rege Diskussionen auf der Therasse des Vorhoelzer ForumsEs dürfte nach Kurt Gerhardts Aufsehen erregender Meinung nicht verwundern, dass sich eine lebhafte Diskussion an den Vortrag anschloss, wobei Zuhörer wie Redner spannende Fragen und Argumente in die Debatte um die Entwicklungspolitik einbringen konnten. So zog sich der Abend ganz wie von alleine in die Länge und einige Interessierte verblieben sogar dann noch in Gruppen diskutierend im schönen Vorhoelzer Forum, als der offizielle Rahmen der spannenden Weitblick-Veranstaltung schon längst zu Ende gekommen war, ganz zu schweigen von dem roten Sonnenuntergang, der mittlerweile einem klaren Münchner Abendhimmel Platz gemacht hatte: die Zuhörer konnten sich mit aufwühlenden Fragen zwischen Afrika und Deutschland in die Nacht entlassen.